FIfFKon25 – Digitaler Humanismus für eine techno-öko-soziale Transformation der Weltgesellschaft

Konferenz des Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) 2025

hosted by
The Institute for a Global Sustainable Information Society (GSIS)

Datum: 21.-23. November 2025

Ort: Kulturzentrum 4lthangrund, Augasse 2-6, 1090 Wien (click here)

Agenda

Wien zeichnet sich als Hub des Digitalen Humanismus aus. Darunter versteht sich humane Digitalisierung, eine philosophisch fundierte Technikgestaltung in Zeiten, in denen, getrieben von den Profitinteressen der Konzerne – wie sich im Hype um die KI zeigt –, Grenzen zwischen dem Humanen und dem Künstlichen zu verschwimmen scheinen. 2018 haben Julian Nida-Rümelin und Natalie Weidenfeld mit ihrem wegweisenden Buch den Begriff „Digitaler Humanismus“ geprägt. 2019 ist an der Informatik der Technischen Universität (TU) Wien das Vienna Manifesto on Digital Humanism verabschiedet und The Digital Humanism Initiative begründet worden. Peter Knees und Julia Neidhardt teilen sich an der TU Wien seit 2023 The UNESCO Chair on Digital Humanism. Die Stadt Wien und Wiener Fonds unterstützen internationale Projekte auf diesem Gebiet (https://informatics.tuwien.ac.at/digital-humanism/).

Das in Wien angesiedelte unabhängige Forschungsinstitut GSIS greift den Digitalen Humanismus auf und stellt ihn in den Zusammenhang der Polykrise, in der die existenziellen Bedrohungen der Menschheit einander gegenseitig verstärken. Um das Überleben und ein gutes Leben für alle Mitglieder der Weltgesellschaft gewährleisten zu können, ist eine abgestimmte Transformation der gesellschaftlichen Verhältnisse, der gesellschaftlichen Naturverhältnisse, aber auch der gesellschaftlichen Technikverhältnisse notwendig. Digitaler Humanismus ist hier hilfreich. Aber er muss auch nachgeschärft werden, was seine Aufgaben in dieser Transformation betrifft (https://gsis.at/2022/03/11/digital-humanism-on-the-test-bench/https://gsis.at/2022/06/22/digital-humanism-and-the-future-of-humanity/).

Sinnvolle Technologie muss heute Vorrang haben. Sinnvoll ist sie, wenn ihre Erforschung und Entwicklung, ihre Verbreitung und ihr Gebrauch argumentativ gesellschaftlich verantwortet werden kann. Die Grundfrage lautet daher: Welche Tätigkeiten und Resultate der Informatik sind unter den Bedingungen, dass die Möglichkeitsräume durch die fortschreitende Polykrise immer stärker eingeschränkt werden, noch verantwortbar? Welche Tätigkeiten und Resultate also unterstützen die Überwindung der Polykrise oder sind sogar unverzichtbar für den Aufbau einer sozial- und umweltverträglich angepassten technischen Infrastruktur weltweit? Welche Tätigkeiten und Resultate stehen dem im Weg oder befeuern die Krise sogar? Und wie kann eine Förderung der sinnvollen Technologien erreicht werden, und wie kann denjenigen Technologien, die nicht zu einer Lösung beitragen können oder sogar schädlich für die transformativen Ziele sind, verwehrt werden, auf Kosten der sinnvollen Technologien gefördert zu werden?

Die Beantwortung dieser ethischen Frage ist wie eine Weichenstellung, von ihr hängen alle weitergehenden Verzweigungen in die Beachtung der kulturellen, politischen und ökonomischen, der ökologischen und schließlich der technischen Fragestellungen zur Gestaltung der erwarteten Anwendungen ab, auch wenn sie deren Antworten nicht im Detail vorherzubestimmen mag. Alle Antworten zusammen, im Großen wie im Kleinen, sobald sie umgesetzt werden, entscheiden mit über die Zukunft der Menschheit. Sie gehen besonders alle an, die von den Informationstechnologien betroffen sind, und sollten von ihnen auch entsprechend erörtert werden. Ganz sicher aber tangieren sie das Selbstverständnis der im Bereich der Informatik Tätigen.

Deshalb wollen wir auf der kommenden FIfF-Konferenz die möglichen Antworten auf diese Fragen verhandeln. Richtig verstanden, kann uns der Digitale Humanismus helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Programm

Freitag, 21. November 2025

Abend

18:00 Einlass

19:00 Eröffnung

Wolfgang Hofkirchner, Direktor, GSIS
Stefan Hügel, Vorsitzender des Vorstands, FIfF

19:15 Keynotes und Publikumsdiskussion:
GSIS Utopia(s) Conversations on Meaningful Technologies and a Convivial Society for All (1)

Digitaler Humanismus

Julia Neidhardt, Assistant Prof. Mag.a rer.nat. Dr.in techn., ist Forscherin am Forschungsbereich Data Science der Fakultät für Informatik an der TU Wien. Ihr Hintergrund ist Mathematik und Informatik. Sie ist Vorstandsmitglied des Center for Artificial Intelligence and Machine Learning (CAIML), TU Wien. Sie ist u.a. Senior Program Committee Member der ACM Conference on Recommender Systems (RecSys) und Distinguished Reviewer der ACM Transactions on Recommender Systems (TORS). Sie ist Mitglied im Steering Committee und im Management Team der Digital Humanism Initiative an der TU Wien. Seit 2023 hat sie den UNESCO Co-Chair für Digitalen Humanismus inne.

Kathedralen der Künstlichen Intelligenz – Ökonomische und ethische Herausforderungen für wahren Fortschritt

Sarah Spiekermann-Hoff, Univ.Prof. Dr.rer.pol., ist Professorin für Wirtschaftsinformatik und Gesellschaft und Leiterin des gleichnamigen Instituts an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Sie forscht und lehrt zum Thema ethische KI und IT, Werte in der Technikgestaltung und Datenschutz. Sie entwickelte die Methode Value-Based Engineering, verankert im ersten weltweiten ethischen Technikdesign-Standard ISO/IEC/IEEE 27478-7000. Sie gehört zu den Top 2 % zitierten Wissenschaftlern ihres Fachbereichs (Stanford University Ranking). Seit kurzem ist sie mit Armin Grunwald, Paul Nemitz und Christiane Wendehorst im Vorstand der Future Foundation, deren erste Aktivität die Formulierung von “10 Regeln für die Digitale Welt” ist.

Moderator: Josef Mühlbauer, MA, ist Universitätsassistent im Fachbereich Global Governance am Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen der Universität Graz und Friedensforscher und Friedensjournalist.

21:15 Ende

Diese Conversations wurden von der Stadt Wien Kultur unterstützt.

Samstag, 22. November 2025

Vormittag

9:00 Einlass
9:15 Einführung in die 4lthangrund-Location, die ÖkoEventPLUS-Kriterien, Tipps für Sightseeing

Referate mit Diskussion

Krieg
9:30 Arndt Niebisch: Scrum, Chaos und Clausewitz – Gedanken zu den militärischen Ursprüngen der Agilität | Abstract
9:50 Andreas Buderus: Digitaler Humanismus in der “Zeit der Monster” – KI zwischen Kriegsmaschine und solidarischer Transformation | Abstract
10:10 Q&A

10:30 – 11:00 Pause

Konzernmacht
11:00 Walter Tydecks: Zur politischen Ökonomie der Künstlichen Intelligenz | Abstract
11:20 Klaus Nigsch: Software-Ethik im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz | Abstract
11:40 Q&A

Kollektive Kontrolle
12:00 Daniel Guagnin: Technik gemeinsam verhandeln und gestalten für eine ökosoziale Zukunft | Abstract
12:20 Marcus Rohrmoser: Emanzipiertes (Social) Web – Nicht nur für root | Abstract
12:40 Q&A

Mittagspause vor Ort

13.00 – 14:00

Nachmittag

Parallele Workshops

14:00 – 15:30 Jens Woinowski: Notwendig frei – Kant, natürliche, juristische und digitale Personen und die Dialektik der Intelligenz.

Künstliche Intelligenz erscheint nicht nur als Technologie, sondern auch als Unternehmen und Märkte.

Inspiriert von Charles Stross’ Idee der „Slow AI“ erkundet der Workshop neue Perspektiven auf die so genannte Künstliche Intelligenz. Zwischen Kant und Maslow, Stross und Markow fragen wir: Was ist Intelligenz – und was nur Überleben im Wahrscheinlichkeitsmeer?

Der Workshop lädt ein, die Dialektik von Freiheit und stochastischem Determinismus, von Vernunft und Aufklärung neu zu betrachten. Gemeinsam surfen wir auf den Wahrscheinlichkeitswellen von Selbst, Macht und Gesellschaft.

14:00 – 15:30 Rainer Rehak: Kollektive Rechenzentren.

Kollektive Rechenzentren – ein Workshop

Was wäre, wenn lokale Gemeinschaften eigene Rechenzentren betreiben würden? Wie könnte das aussehen und funktionieren? Inwiefern wäre das demokratisch und nachhaltig? Wer würde davon (nicht) profitieren?

Im Workshop möchten wir gemeinsam alternative Modelle für den Besitz und die Verwaltung von kollektiven Rechenzentren durchdenken, untersuchen und diskutieren. Wir werden uns strukturiert mit grundsätzlichen Konzepten, Governancefragen und Implikationen beschäftigen, sowie parallele Ideen in anderen Bereichen besprechen (Gemeinschaftsbanken, genossenschaftlicher Wohnraum, solidarische Landwirtschaft) und hoffen damit, eine breite Diskussion über Alternativen zur Profit- und Ausbeutungslogik der gegenwärtigen Rechenzentrumsbranche anzustoßen. Bereits existierende ähnliche Ansätze sind etwa Nubo (Belgien), Espora (Mexiko) oder Wobcom (Deutschland).

15:30 – 16:00 Stefan Hügel, Rainer Rehak: Jahresbericht des FIfF.

16:00 – 16:30 Pause

16:30 – 17:00 Stefan Hügel, Britta Schinzel: Verleihung der Weizenbaum-Medaille an Dietrich Meyer-Ebrecht (online)

Diskussionsrunde:
GSIS Utopia(s) Conversations on Meaningful Technologies and a Convivial Society for All (2)
17:00 – 19:00 Christian Heck, Wolfgang Hofkirchner, Hans-Jörg Kreowski, Margita Zallmann: Cyberpeace trifft digitalen Humanismus.

[Bild: Christian Heck]

Cyberpeace ist der Name einer FIfF-Kampagne mit dem Ziel einer rein friedlichen Nutzung von Technologien, die sich methodisch und konzeptionell auf Informations- und Kommunikationstechnik, Informatik sowie insbesondere auch auf Künstliche Intelligenz und Robotik stützen. Digitaler Humanismus benennt den Versuch, den klassischen Humanismus in das Zeitalter des digitalen Wandels zu überführen. Die Diskussionsrunde soll dazu dienen, Ähnlichkeiten und Unterschiede der beiden Konzepte herauszuarbeiten und die Gestaltbarkeit der Digitalisierung kritisch zu untersuchen. Wie jede Technologie hat Digitalisierung ein ambivalentes Potenzial: Bestehende gesellschaftliche Verwerfungen können genauso wie humane Verhältnisse quantitativ verstärkt oder im Gegenteil vermindert werden, und es können sich solche auch qualitativ neu entwickeln. Was braucht es, um die Digitalisierung zum Guten zu wenden? Wie zeitkritisch ist diese Wende? Und kann die Zivilgesellschaft mobilisiert werden?

Die Diskussionsrunde wird in der Art einer “Fishbowl” durchgeführt und von Margita Zallmann moderiert. Am Anfang stellt Josef Mühlbauer ein mit Hilfe von DeepSeek produziertes Musikvideo Dust of Darfur vor. Daran lässt sich trefflich die Frage diskutieren und kritisch betrachten, ob maschinelle Kreativität zwischen technischer Innovation und ethischer Verantwortung dem Frieden dienen kann.

Im zweiten Teil wird auf der Basis kurzer Impulse von Daniel Guagnin und Hans-Jörg Kreowski zu Cyberpeace und von Wolfgang Hofkirchner und Tomáš Sigmund zu Digitalem Humanismus diskutiert, wie das zusammenpasst.

Diese Conversations wurden von der Stadt Wien Kultur unterstützt.

Abend

19:00 Get-Together mit kulturellen Einlagen
22:00 Ende

Sonntag, 23. November 2025

Vormittag

FIfF e.V.

9:45 Einlass
10:00 Verleihung der Weizenbaum-Studienpreise 2025
10:45 – 11:00 Pause
11:00 – 13:00 Mitgliederversammlung des FIfF und Vorstandswahl (https://www.fiff.de/termine/2025/mitgliederversammlung/)
14:00 Ende

Teilnahme

Wir hatten 73 Anmeldungen und zählten tatsächlich 59 anwesende Personen.

Videos

Die Diskussionsveranstaltungen wurden aufgenommen und werden peu à peu auf unsere YouTube GSIS Playlist hochgestellt.

Unterstützungen

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